Führung heute: Zwischen Lockerheit, Beziehungsqualität und klaren Strukturen

Wenn „Alles easy“ mehr Stress erzeugt als Struktur

Führung in der heutigen Arbeitswelt fühlt sich oft wie ein Balanceakt an: Wie viel Lockerheit verträgt ein Team, ohne dass die notwendige Arbeitsleistung darunter leidet? Kann ein „Alles easy, chill mal“ wirklich motivieren – oder macht es das Team am Ende träge? Wie schafft man eine Atmosphäre, in der Menschen gerne arbeiten, und gleichzeitig klare Strukturen und Verantwortlichkeiten beibehält? In einer Teamsupervision, die ich kürzlich begleitet habe, wurde dieses Spannungsfeld sehr deutlich.

Ein konkretes Beispiel: In einem Pflegeteam war eine enge Freundin der Leitung als Teil des Teams eingestellt. Sie war fachlich gut, aber die Arbeitsqualität war nicht immer glänzend – vor allem bei komplexen Dokumentationen oder koordinierenden Aufgaben. Gleichzeitig war sie der „Liebling“ der Leitung. Dies führte zu einem besonderen Spannungsfeld: Für die Teammitglieder war es schwierig, konstruktives Feedback zu geben, weil jede kritische Rückmeldung an die Kollegin automatisch auch die Leitung in ihrer privaten und emotionalen Rolle berührte. Es entstand eine subtile Dynamik, in der Loyalität, Freundschaft und berufliche Ansprüche aufeinanderprallten.

Dieses Beispiel zeigt: Führung bedeutet heute nicht nur, Aufgaben zu verteilen und Ergebnisse einzufordern. Sie heißt, Beziehungen bewusst zu gestalten, Rahmenbedingungen zu setzen und die individuelle Rolle jedes Teammitglieds klar zu machen. Vertrauen muss aktiv gepflegt werden, genauso wie die Beziehungsqualität.

Vertrauen und Lockerheit

Lockerheit allein ist kein Garant für Motivation. Ein „Chill mal, alles easy“ mag zunächst attraktiv erscheinen – besonders für jüngere Mitarbeitende, die flache Hierarchien, Duzen auf allen Ebenen und einen informellen, lockeren Führungsstil bevorzugen. Auf den ersten Blick wirkt eine lockere Atmosphäre motivierend: Mitarbeitende fühlen sich ernst genommen, genießen persönliche Wertschätzung und erleben das Arbeiten als angenehm.

Psychologisch lässt sich dieses Phänomen unter anderem durch das Prinzip der sozialen Normierung und die Theorie der Selbstwirksamkeit erklären.

  • Soziale Normierung: Menschen richten ihr Verhalten stark nach den wahrgenommenen Erwartungen und Standards aus. Wenn Anforderungen niedrig sind oder Regeln flexibel gehandhabt werden, sinkt oft automatisch die intrinsische Motivation, Höchstleistungen zu erbringen.
  • Selbstwirksamkeitserwartung: Wer das Gefühl hat, dass der eigene Einsatz nicht klar bewertet wird, kann die Konsequenzen von Leistung oder Unterlassung nicht ausreichend einschätzen.

Das führt zu einem „Gemütlichkeitsgefühl“ – Aufgaben werden zwar erledigt, aber nicht immer mit der nötigen Sorgfalt. In der Praxis zeigt sich dies durch kleine, wiederkehrende Fehler, verzögerte Abläufe und zusätzlichen Korrekturaufwand für die Führungskraft. Lockerheit ohne klaren Rahmen kann so paradoxerweise mehr Stress erzeugen. Dieses Verhalten erinnert an klassische Beobachtungen aus der Arbeitspsychologie: Wo Anspruch und Kontrolle fehlen, sinkt die Eigeninitiative – das berühmte Bild von „trägen Beamten“ beschreibt genau diese Dynamik.

Hier zeigt sich die Herausforderung für Führungskräfte: Lockerheit und Vertrauen fördern Motivation und Eigeninitiative, gleichzeitig muss die Erwartung klar sein, dass Leistung und Verantwortung eingehalten werden. Führung wird so zu einer Form von Bewusstseinslenkung: Die Mitarbeitenden wissen, was gewünscht ist, spüren aber auch Wertschätzung und Vertrauen in ihre Fähigkeiten.

Auch wenn ich Mitte 40 bin, bedeutet das nicht, dass ich alte Hierarchien, das Sehen von Menschen als reine Funktionsträger oder formelles Siezen befürworte. Im Gegenteil: Ein anfängliches „Everybodysdarling“-Verhalten und zu viel Lockerheit kann schnell zu Problemen führen. Für mich gilt: Zuerst muss der Rahmen völlig klar sein – nur innerhalb dieses Rahmens entfaltet Vertrauen, Motivation und kreative Eigeninitiative ihr volles Potenzial.

Merke: Führung bedeutet, Motivation und Vertrauen zu fördern – ohne die klaren Erwartungen an Leistung und Verantwortung zu verlieren.

Struktur und klare Vereinbarungen

Um die Balance zwischen Lockerheit und Verbindlichkeit zu halten, hilft es, klare Strukturen und Vereinbarungen zu schaffen:

  1. Rollen bewusst festlegen – Führungskräfte müssen klar unterscheiden, wann sie als professionelle Leitung, persönliche Vertrauensperson oder Kollegin agieren. Die Rollen sollten transparent und nachvollziehbar sein.
    Reflexionsfragen:
  • In welchen Situationen verschwimmen bei mir die Rollen als Leitung, Vertrauensperson und Kollegin, und welche Auswirkungen hat das auf das Team?
  • Wie kann ich meine Rolle klar kommunizieren, ohne dass Mitarbeitende sich distanziert oder bevormundet fühlen?
  • Wo könnte mehr Transparenz über meine Erwartungen und Zuständigkeiten dazu beitragen, Konflikte oder Missverständnisse zu vermeiden?
  1. Erwartungen schriftlich festhalten – Mündliche Absprachen geraten schnell in Vergessenheit oder werden unterschiedlich interpretiert. Eine klare Dokumentation von Aufgaben, Zuständigkeiten und Abläufen reduziert Konflikte und schafft Orientierung.
  2. Feedback sachlich und wertschätzend geben – Feedback darf persönlich sein, muss aber immer an der Arbeitsleistung orientiert bleiben. Emotionale oder private Aspekte können das Feedback unnötig komplizieren.
    Feedback–klar & einprägsam:
  • Auf Leistung, nicht auf Person: Beschreibe das Verhalten, nicht den Menschen.
  • Sachlich & konkret: Konkrete Beobachtungen, klare Sprache, keine Vermutungen.
  • Lösungsfokus: Zukunftsgerichtet und lösungssuchend; warm im Umgang mit der Person, hart in der Sache.

Merksatz: „Das Verhalten ist die Sache, die Person bleibt wertvoll.“

  1. Umgang mit Lieblingsmitarbeitenden – Nähe zur Leitung darf die objektive Bewertung der Arbeitsleistung nicht verzerren. Bewusstes Reflektieren, Supervision oder Mentoring kann helfen, diese Dynamik zu erkennen und professionell zu steuern.

Beziehungsqualität als Grundlage

Beziehungsqualität ist das Fundament moderner Führung. Ein Team, das sich wertgeschätzt fühlt und Vertrauen in die Leitung hat, zeigt deutlich mehr Motivation, Engagement und Loyalität. Führungskräfte müssen bewusst wahrnehmen, wie ihre eigenen Emotionen und privaten Bindungen Entscheidungen beeinflussen.

Das Beispiel der „Lieblingskollegin“ verdeutlicht: Wer persönliche Nähe zulässt, muss sich bewusst sein, dass jede kritische Rückmeldung emotional aufgeladen sein kann. Die Kunst liegt darin, professionell zu bleiben, ohne die persönliche Beziehung zu beschädigen.

Vertrauen aktiv gestalten

Vertrauen ist der Kitt moderner Führung. Mitarbeitende müssen spüren, dass sie Entscheidungen treffen können, dass ihre Arbeit ernst genommen wird und dass die Führungskraft als Ansprechpartnerin und Unterstützerin zur Verfügung steht. Gleichzeitig muss Vertrauen durch klare Rahmenbedingungen geschützt werden: Nur wer weiß, woran er ist, kann eigenverantwortlich handeln.

Die Herausforderung liegt darin, den Spagat zwischen Lockerheit, Vertrauen und Struktur zu meistern: Lockerheit ohne Rahmen führt zu Nachlässigkeit, Struktur ohne Vertrauen zu Demotivation, Beziehungsqualität ohne klare Regeln zu Ungerechtigkeitsempfinden und Konflikten.

Fazit

Führung heute ist ein Zusammenspiel aus Lockerheit, Beziehungsqualität und klaren Strukturen. Wer diese Balance bewusst gestaltet, schafft ein Arbeitsumfeld, in dem Mitarbeitende motiviert, engagiert und zuverlässig arbeiten – ohne dass persönliche Beziehungen die Professionalität beeinträchtigen.

Für Pflege- und Betreuungsteams bedeutet das konkret: Vertrauen aufbauen, Rahmen definieren, Rollen bewusst einsetzen, Feedback klar und wertschätzend geben und die Balance zwischen Lockerheit und Struktur halten. Vertrauen entsteht nicht automatisch durch lockere Umgangsformen, sondern durch Transparenz, Verlässlichkeit und das Einhalten von Absprachen. Rahmen und Strukturen geben Orientierung und verhindern, dass Eigeninitiative in Unordnung oder Überforderung kippt. Rollen bewusst einzusetzen heißt, klar zu unterscheiden, wann man als professionelle Leitung, persönliche Vertrauensperson oder Kolleg:in agiert – und diese Differenz transparent für alle zu machen.

Feedback spielt dabei eine zentrale Rolle: Es sollte immer die Arbeitsleistung betreffen, sachlich und konkret sein, das Verhalten adressieren, nicht die Person, und gleichzeitig lösungsorientiert vermittelt werden. Wer diese Elemente integriert, entwickelt eine Führung, die nicht nur effizient, sondern auch menschlich ist – und langfristig erfolgreich. Teams spüren die Klarheit, sie fühlen Wertschätzung und Sicherheit, und sie können sich auf das Wesentliche konzentrieren: die bestmögliche Betreuung ihrer Patient:innen.

„Zu viel Nachgiebigkeit lässt Leistung schwinden, zu viel Strenge hemmt Kreativität.“ (Daniel Goleman)

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